Therapie von Verhaltensauffälligkeiten

Im Verlauf von Demenzerkrankungen treten sehr häufig Verhaltensauffälligkeiten auf. Diese können das Zusammenleben mit Demenzerkrankten massiv belasten. Im Vordergrund der Behandlung von Verhaltensauffälligkeiten sollten nicht-medikamentöse Maßnahmen stehen. Die entsprechenden verhaltenstherapeutischen und pädagogischen Maßnahmen werden an anderer Stelle ausführlich besprochen. Eine antidementive Therapie hilft nicht nur kognitive Fähigkeiten zu stabilisieren. Häufig können durch eine entsprechende konsequent durchgeführte und beibehaltene Therapie auch Verhaltensauffälligkeiten vermieden bzw. auch behandelt werden. Sollte diese Maßnahmen nicht ausreichend sein, können weitere Medikamentengruppen zur Anwendung gebracht werden. Hierzu zählen die Neuroleptika, die Antidepressiva und die Anxiolytika. Wichtig ist zu beachten, dass nicht alle Verhaltensauffälligkeiten individuell ausreichend behandelbar sind. Gelegentlich gelingt es weder durch medikamentöse Therapie, noch durch nicht-medikamentöse Maßnahmen eine ausreichende Symptomkontrolle zu leisten. Somit müssten gelegentlich bestimmte Verhaltensauffälligkeiten bis zu einem gewissen Grad toleriert werden.

Gerade in der Frühphase der Erkrankung treten häufig depressive Symptome auf. Diese sind zum Teil erklärt durch das Auftreten der Defizite, zum Teil sind depressive Symptome aber auch durch Veränderungen der Funktion von Nervenzellen bedingt.

Die wichtigste Stoffklasse in der Behandlung der depressiven Symptome im Rahmen von Demenzerkrankung sind die s.g. selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmer, kurz SSRI genannt. Diese erhöhen gezielt die Serotoninkonzentration in den Synapsen der Serotonin freisetzenden Nervenzellendigungen. Neben dem Zielsymptom Depressivität kann auch Agitiertheit und Unruhe mit diesen Medikamenten behandelt werden. Zu den typischen Nebenwirkungen fällt insbesondere eine zu Beginn auftretende Übelkeit auf. Auch die gelegentlich beschriebene Appetitlosigkeit wird durch Mechanismen im Gehirn ausgelöst. Diese Medikamente sind meist eher antriebssteigernd, weshalb gelegentlich, insbesondere zu Behandlungsbeginn, eine Unruhe berichtet wird. In aller Regel machen diese Medikamente nicht müde. Ältere Substanzen, die s. g. trizyklischen Antidepressiva sollten nicht verwandt werden, da diese Substanzen die kognitiven Fähigkeiten negativ beeinflussen können.

Neuroleptika sind Medikamente, die zur Behandlung von wahnhaften Störungen entwickelt wurden.

Derzeit gibt es zur Behandlung von Wahn und Aggressivität von Demenzerkrankten nur eine zugelassene Substanz. Die Hauptnebenwirkung stellt eine Parkinsonsymptomatik dar, die häufig erst nach längerer Medikamentengabe und vor allem bei höheren Medikamentendosen auftritt. Da klassische Neuroleptika mit einem sehr viel höheren Risiko der Entwicklung einer Parkinsonsymptomatik einhergehen, sollte auf diese älteren Substanzen verzichtet werden.

Da unter einigen modernen Neuroleptika ein erhöhtes Schlaganfallrisiko beobachtet wurde, sollte die Anwendung dieser Medikamente immer kritisch hinterfragt werden. Zweifelsfrei können diese Medikamente häufig segensreich eingesetzt werden. Wenn möglich, sollte die Gabe des Medikamentes aber zeitlich limitiert sein und jederzeit kritisch hinterfragt werden. In einer Vergleichsstudie eines modernen Neuroleptikums mit einem Cholinesterasehemmer konnte gezeigt werden, dass häufig eine antidementive Therapie mit einer Neuroleptika-Therapie im Vergleich gleichwirksam ist. Eine solche antidementive Therapie wäre also stets vorzuziehen.

Sogenannte niederpotente Neuroleptika haben wenig verhaltensverändernde Wirkungen. Sie werden in aller Regel zur Beruhigung und zur Stabilisierung des Tag/Nacht-Rhythmus eingesetzt. Einige Substanzen sind wegen zum Teil Demenz verstärkenden Wirkungen problematisch.

Anxiolytika sind angstlösende Medikamente. Typische Beispiele sind die Benzodiazepine. Diese "valiumartigen“ Medikamente können im Einzelfall segensreich sein. Grundsätzlich eignen sich diese Medikamente aber eher zur kurzfristigen Anwendung, da eine Gewöhnung und Abhängigkeitsentwicklung eintritt. Eine Tagesmüdigkeit, ein gestörtes Reaktionsvermögen, ein vermindertes Lernvermögen sowie eine erhöhte Sturzgefahr sind zu beachten.

Bei allen pharmakotherapeutischen Maßnahmen ist stets zu bedenken: grundsätzlich sind nicht-medikamentöse Interventionsmöglichkeiten auszuschöpfen. Stets ist eine antidementive Therapie Mittel der ersten Wahl. Generell sollten in der Behandlung älterer Menschen niedrige Dosen verwendet werden. Auch gilt es, die Medikamente langsam und vorsichtig einzudosieren. Auf Nebenwirkungen ist stets zu achten. Medikamente, die die Acetylcholinübertragung behindern, sollten vermieden werden, da eine solche Wirkweise die Demenz verstärken kann.